Gastbeitrag von Alois Witzigmann
Eigentlich hätte alles ganz anders laufen können, wenn Adam und Eva einfach nur mit dem zufrieden gewesen wären, was sie hatten – einen paradiesischen Garten voller wunderbarer Früchte; keine Notwendigkeit, die so kostbare Lebenszeit mit irgendwelchen stumpfsinnigen Arbeiten vertun zu müssen; ein friedliches Miteinander, selbst mit den wildesten Tieren, und die Aussicht auf ein Leben ohne Ende – das Wort ‚Tod’ war noch nicht erfunden, weil es ihn einfach noch nicht gab. Aber dieses Eins-Sein mit Allem, also auch mit ihrem Schöpfer, war anscheinend nicht genug. Da muss es wohl auch damals schon die Sehnsucht nach Selbstbestimmung und Autonomie gegeben haben. Und diese Sehnsucht muss so gross gewesen sein, dass die beiden Paradiesler die Drohungen ihres so strengen Vermieters in den Wind schlugen und in den von ihm verbotenen Apfel bissen, der sich übrigens im Nachhinein als recht sauer herausstellte. Saurer war nur noch ihr Schöpfer, der gleich einen von seiner Security losschickte und dieses undankbare und aufmüpfige Gesindel verjagen liess. Ausser ihrer Unzufriedenheit mit dem, was ist, zwei Feigenblättern und die mit der Zeit immer diffuser werdenden Erinnerungen an ihre erste Heimat konnten die beiden nichts mitnehmen. Und so ging es dann leider immer weiter: Weder das Hiersein noch das Fortsein stellt uns, die Nachkommen der Vertriebenen, zufrieden. Sind wir verbunden, fehlt uns die Freiheit. Und sind wir frei, wünschen wir uns das In-Verbindung-Sein. Die Schlangen haben sich unterdessen vermehrt und schauen von jeder Plakatwand und aus jeder Werbung in unsere Augen. Und wir sind auf der dauernden Suche nach einem Heim, in dem wir uns voll und ganz aufgehoben fühlen können.
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